Grundsätze der Rechtschreibung
Das amtliche Regelwerk lässt – je nach Zählweise – bei etwa 2500 Wörtern unterschiedliche Schreibweisen wie „kennenlernen“ und „kennen lernen“ oder „Delphin“ und „Delfin“ zu. Diese Fälle machen etwa zwei Prozent der Wörter aus, die in den großen Wörterbüchern verzeichnet sind. Die Agenturen haben sich jeweils für eine Schreibweise entschieden. Dabei bauen sie auf den Empfehlungen auf, die die beiden Wörterbuchverlage Duden und Wahrig für die Variantenschreibung geben (Duden 1, 24. Auflage, Mannheim 2006; Wahrig „Ein Wort – eine Schreibung“, Gütersloh 2006). Duden und Wahrig bieten auch Korrekturprogramme an, mit deren Hilfe sich die Agenturschreibweisen umsetzen lassen.
Die Agenturen haben ihre Entscheidungen nach vier Grundsätzen getroffen:
- Im Interesse einer möglichst einheitlichen Schreibung in den Medien und den Schulen verwenden die Agenturen nur Schreibweisen, die vom amtlichen Regelwerk zugelassen werden.
- Ebenfalls im Sinne der Einheitlichkeit folgen die Agenturen der Sachkenntnis der Wörterbuchverlage Duden und Wahrig. Wo sie dieselbe Schreibweise empfehlen – das ist bei etwa zwei Dritteln der Variantenwörter der Fall – folgen die Agenturen dieser Empfehlung. Das gilt auch dort, wo die beiden Verlage Neuschreibungen gegenüber den Vor-Reform-Schreibweisen den Vorzug geben. Einige Fremdwörter mit lateinischen oder griechischen Wurzeln werden deshalb eingedeutscht („Biografie“), Wörter aus lebenden Sprachen aber nicht („Spaghetti“).
- Wo Wahrig und Duden voneinander abweichende Empfehlungen geben, wählen die Agenturen ganz überwiegend die Vor-Reform-Schreibweise, weil dies von den Medienkunden in einer Befragung im Mai 2006 mit großer Mehrheit gewünscht wurde. Daraus ergeben sich vor allem drei Konsequenzen:
- Die Eindeutschung beschränkt sich auf Fremdwörter, die in den Alltagsgebrauch eingegangen sind („Biografie“). Sie erstreckt sich nicht auf wissenschaftliche Fachbegriffe („Photosynthese“).
- Die Agenturen nutzen bei Variantenwörtern weiter die Möglichkeit, Bedeutungsunterschiede durch Getrennt- und Zusammenschreibung sichtbar zu machen („sitzenbleiben“ in der Schule, aber „sitzen bleiben“ auf dem Stuhl).
- Die Agenturen verzichten auf Zusammenschreibungen, die es vor der Reform nicht gab („Kinder spielen lassen“ wie auch „Beziehungen spielen lassen“).
- Wo es der Regelhaftigkeit dient, weichen die Agenturen von Grundsatz 3) ab (zum Beispiel „konformgehen“ in neuer Zusammenschreibung wegen der schon bisher geltenden Zusammenschreibung von „einiggehen“).
In der Liste stehen nicht nur Entscheidungen zu Varianten im engen Sinn („Delfin“ oder „Delphin“), sondern auch zu morphologischen Dopplungen („gucken“ oder „kucken“) sowie zu Zusammensetzungen und Wortgruppen („Staub saugen“ oder „staubsaugen“). Außerdem gibt es Schreibweisen, die in einer bestimmten Bedeutung vorgeschrieben sind, in einer anderen aber nicht (nur „Gegner kaltstellen“, aber „Bier kaltstellen“ oder „Bier kalt stellen“). Zur besseren Orientierung wurden in solchen Fällen auch die vorgeschriebenen Schreibweisen in die Liste aufgenommen.
Bei fast 1000 dieser Beispielwörter geben Duden und Wahrig dieselbe Schreibempfehlung, und die Agenturen folgen ihnen. Eine zweite Liste enthält die gut 500 Wörter, bei denen Duden und Wahrig unterschiedliche Empfehlungen geben und bei denen Agenturen daher von jeweils einer der beiden Empfehlungen abweichen müssen..
Die Agenturen verwenden in knapp 80 Prozent der Fälle Schreibweisen, die auch vor der Reform gültig waren. Zu den gut 20 Prozent Reformschreibweisen zählen vor allem eingedeutschte Fremdwörter („Biografie“), Wörter, bei denen die Vor-Reform-Schreibweise nicht mehr möglich ist („Freud’sche Fehlleistung“), und Wörter, deren Reformschreibweise von beiden Wörterbuchverlagen für sinnvoller erachtet wird („zurate ziehen“).